Im Activity Pub spielen keine irischen Folkbands, zu deren Musik man tanzt und bei Guinness und Kilkenny einen feuchtfröhlichen Abend verbringt. ActivityPub ist ein offenes, dezentrales Protokoll für soziale Netzwerke, das 2018 veröffentlicht wurde und vom W3C verwaltet wird.
Woher kennt man das Protokoll
ActivityPub wird im Fediverse verwendet. Dienste wie Mastodon, PeerTube, Pixelfed und viele andere nutzen es zur dezentralen Kommunikation. Alle diese Dienste, auch Instanzen genannt, sind für sich genommen unabhängig, aber untereinander vernetzt. Zusammen bilden sie ein großes dezentrales Netzwerk.
Und wie sieht das bei WordPress aus?
ActivityPub wird von WordPress standardmäßig nicht unterstützt, aber seit 2018 gibt es ein Plugin, mit dem man ActivityPub nachrüsten kann, um sein Blog ins Fediverse zu bringen. Das Plugin befindet sich allerdings noch in der Beta-Phase. Entwickelt wurde es von Matthias Pferfferle und nun wird es spannend. Automattic, Entwickler von WordPress, hat das Plugin gekauft und auch den Entwickler rekrutiert.
Warum ist das so interessant
Im Prinzip besteht das Internet zu 50% aus WordPress. Selbst große Unternehmen nutzen die Blogging-Software, die sich über die Jahre immer mehr zu einem CMS entwickelt hat, für ihren Internetauftritt. Wenn Automattic nun ActivityPub in den WordPress-Kern integriert, und davon ist fast auszugehen, kann jeder Betreiber eines WordPress-basierten Blogs seine eigene Instanz im Fediverse sein, die mit anderen Instanzen im Fediverse kommunizieren kann. Und selbst wenn es nicht dazu kommt, dass ActivityPub in WordPress integriert wird, ist davon auszugehen, dass die Weiterentwicklung des Plugins auf lange Zeit gesichert bleibt.
Warum ist das so wichtig
Wir erleben gerade, was mit Twitter passiert. Da kommt ein Multimilliardär, kauft den Laden, zündet alles an und lebt dort sein, wie ich finde, gestörtes Ego auf Kosten von Gesellschaften aus. Das ist nicht harmlos, das ist brandgefährlich. Außerdem sind Facebook, Instagram, Twitter und Co. nicht das, was sie vorgeben zu sein, nämlich soziale Netzwerke. Sie sind algorithmisch gesteuerte Walled Gardens, die uns an allen erdenklichen Stellen manipulieren, unsere Privatsphäre verletzen, indem sie unfassbar viele Daten über uns sammeln, nur um sich bis zum Erbrechen zu bereichern – ohne Rücksicht auf mögliche Schäden und Verluste. Die Betreiber dieser zentralisierten Netzwerke wissen genau was sie tun, und es ist ihnen egal.
Mit dem Fediverse und den dezentralisierten Netzen haben wir die Chance, uns von diesem Wahnsinn zu befreien. Ein dezentrales Netz kann niemand kaufen, und das Internet ist und war immer dezentral, bis diese asozialen Plattformen kamen und kübelweise Dreck über uns ausgeschüttet haben.
Die anderen Großen müssen mitmachen
Am Beispiel von Mastodon kann man sehen, dass immer dann, wenn bei Twitter etwas gewaltig schief gelaufen ist, die Zahl der Neueinsteiger gestiegen ist. Im Jahr 2018 hat Twitter beispielsweise beschlossen, die frei zugängliche API einzuschränken. Entwickler von alternativen Twitter-Apps mussten plötzlich horrende Summen für den Zugriff auf die neue API bezahlen. Dies betraf zum Beispiel Push-Benachrichtigungen. Viele wechselten daraufhin von Twitter zu Mastodon, blieben dort aber nicht lange aktiv, sondern kehrten zu Twitter zurück und arrangierten sich mit der damals noch schrecklichen Original-Twitter-App.
Natürlich, wenn man jahrelang in einer Welt gelebt hat, in der man von einem Algorithmus manipuliert wird, in der man sich etwas aufgebaut hat, dann erscheint einem Mastodon auf den ersten Blick sehr kompliziert. Und das projiziert man dann auf das gesamte Fediverse.
In diesen geschlossenen Systemen kann man seine Follower nicht einfach woanders hin mitnehmen. Und selbst jetzt, unabhängig von der Situation bei Twitter, bleiben die Leute dort oder gehen zurück. Deshalb braucht es die anderen Großen wie Automattic und Co, die in Richtung ActivityPub gehen. Und das passiert gerade.
Selbst Meta baut an einer dezentralen Alternative zu Twitter, was irgendwie zu erwarten war und mir persönlich Bauchschmerzen bereitet. Das sind genau die Metas dieser Welt, die wir nicht brauchen, weil sie aus reiner Profitgier diese Welt zu einem viel schlechteren Ort gemacht haben. Und wenn die Leute über Meta einsteigen, denken sie vielleicht, dass das ganze Fediverse so aussieht, wie Meta es ihnen präsentieren wird – vollgestopft mit Werbung und Tracking.
Aber, und das ist das Gute daran, man braucht sie nicht und man ist nicht gezwungen, sich mit ihnen in einem dezentralen Netzwerk zu verbünden. Wenn die Menschen mehr und mehr erleben, dass Plattformen miteinander kommunizieren, dass man keine zentrale Stelle braucht, um dabei zu sein, dann wird sich meiner Meinung nach vieles ändern. Ob das wirklich Realität wird, steht natürlich in den Sternen, aber der Weg dorthin ist richtig.