Substack ist in erster Linie eine Online-Plattform, die es Schriftstellern, Journalisten und anderen Autoren ermöglicht, Newsletter zu erstellen, zu veröffentlichen und zu monetarisieren. Die versendeten Newsletter können aber auch über einen Browser auf der Plattform gelesen werden, so dass Substack einem Blog sehr ähnlich ist.
Newsletter contra Blog
In einem anderen Beitrag habe ich mir mal die Frage gestellt, ob Bloggen überhaupt noch Sinn macht. Gerade kleine Blogs, wie dieses hier auch, gehen in den Suchmaschinen durch SEO-Spam komplett unter. Darüber hinaus ist es kaum möglich, eine Leserbindung aufzubauen, da Kommentare in Blogs eher selten sind und man nicht weiß, wer seine Leser sind, welche Interessen sie haben. Da helfen auch keine Statistik-Tools weiter.
Bei Newslettern ist das anders, weil die Leute, die den Newsletter abonniert haben, sich auch dafür interessieren, was du schreibst. Allein durch die Anzahl der Abonnenten erhält man als Autor ein gewisses Feedback. Im Prinzip kommuniziert man direkt mit seinen Lesern. Es ist wie eine Party mit geladenen Gästen und kein Club, bei dem man nie weiß, wie viele Leute überhaupt kommen.
Netzwerken
Substack hat eine große Leserschaft. Interessant finde ich, dass die Autoren auch für andere Newsletter werben, indem sie eine Empfehlungsliste erstellen. Das gab es früher auch in der Bloggerszene und hieß Blogring oder Blogroll. Wenn man das heute sagt, wird man entweder ausgelacht oder ins Altersheim abgeschoben.
Monetarisierung
Eigentlich nicht mein Thema, aber ich möchte es trotzdem erwähnen. Früher konnten Blogger mit Google AdSense oder anderen Werbenetzwerken noch Geld verdienen. Nervige Popups, Bannerterror, wechselnde Hintergründe mit Werbebotschaften etc. gibt es zwar immer noch, aber dank Werbeblockern und modernen Browsern sieht man das nicht mehr. Die heutigen Methoden sind viel fieser, aber das ist ein anderes Thema.
Bei Substack können die Autoren frei entscheiden, ob ein Beitrag nur für zahlende Abonnenten lesbar oder für alle frei zugänglich sein soll. Das ist in einem WordPress-Blog nicht so einfach umzusetzen und erfordert zudem einen Zahlungsdienstleister. Hier ist Substack klar im Vorteil, wenn es einfach sein soll. Die Preise für kostenpflichtige Inhalte kann jeder Autor selbst festlegen und die Plattform bietet auch Tools wie Abonnement-Management, Zahlungsabwicklung und Steuerverwaltung an.
Jetzt aber los zu Substack, oder nicht?
Substack ist eine proprietäre Plattform. Als Autor ist man von dieser Plattform abhängig. Substack kann jederzeit seine Geschäftsbedingungen ändern, irgendwelche Investoren ins Boot holen, die nicht gerade als weltoffen und sozial agierend bekannt sind, sich Inhalte aneignen, den Account schließen, die Funktionalität der Plattform so ändern, dass das Schreiben keinen Spaß mehr macht und vieles mehr. Letztlich hat man als Autor keine Kontrolle mehr über seine Inhalte. Im schlimmsten Fall verliert man alles, was man sich aufgebaut hat.
Substack hat in der Vergangenheit für einige Kontroversen gesorgt, da die Plattform Autoren auswählte und bezahlte, die sehr fragwürdige Ansichten zu Themen wie kulturelle Abstammung und Geschlecht vertraten. Auch die intransparenten Moderationsrichtlinien und der Umgang mit kontroversen Inhalten wurden immer wieder kritisiert.
Wenn ich schon in einem Haus wohne, kann ich mir meine neuen Nachbarn nicht aussuchen. Aber ich kann mir überlegen, wo ich einziehe, ob es das richtige Haus ist. Wenn ich vorher höre, dass sich der Vermieter nicht wirklich kümmert, dann sollte ich vielleicht nicht dort einziehen.
Abhängigkeit
Ich weiß nicht, ob ich mich von einem Newsletter-Dienst, der einem Blog sehr ähnlich ist, abhängig machen möchte. Außerdem sind die Gestaltungsmöglichkeiten sehr begrenzt. Zudem macht man ständig Werbung für Substack, weil alle Newsletter irgendwie gleich aussehen und auch auf die Plattform führen. Es ist egal, ob man 10 oder 1000 zahlende Abonnenten hat. Von den Einnahmen gehen immer 10% an Substack. Wenn man einen Newsletter schreiben will und die Kontrolle über seine Inhalte behalten will, geht das auch mit WordPress und Co.
Daten auswerten
Newsletter sind ein beliebtes Marketinginstrument. Aber auch Organisationen, gemeinnützige Gruppen oder Privatpersonen nutzen sie. Vor allem für Unternehmen sind Newsletter interessant, da es verschiedene Methoden gibt, den Erfolg von Newslettern zu messen.
Gemessen wird beispielsweise, wie oft ein Newsletter geöffnet wird oder wie viele Empfänger auf einen Link im Newsletter geklickt haben. Auch die Konversionsrate wird gemessen: Wie viele Empfänger haben nach dem Klick auf einen Link eine bestimmte Aktion ausgeführt. Auch der geografische Standort kann ermittelt werden und vieles mehr.
Das passiert natürlich auch auf Websites, wenn z.B. ein Statistik-Tool verwendet wird. Allerdings kennt die Website eure E-Mail-Adresse nicht und innerhalb der EU gibt es bestimmte Regeln für die Nutzung solcher Tools. Etwas anders sieht es bei einem Newsletter aus, da man den Bedingungen aktiv zustimmt.
Als Betreiber einer Website kann ich selbst entscheiden, welche Tools ich einsetze. Gleiches gilt, wenn ich einen Newsletter z.B. über WordPress realisiere. Dort kann ich frei entscheiden, ob ich solche Messmethoden einsetze oder nicht. Innerhalb der EU muss ich mich an Regeln halten und das ist gut so.
Auf der Website von Substack gibt es keine Möglichkeit, Cookies abzulehnen. Es wird lediglich auf die Datenschutzerklärung verwiesen. Da es sich um einen amerikanischen Dienst handelt, ist dies auch nicht notwendig. Es ist aber keine Seltenheit, dass beim Besuch der Substack-Website 28 Anfragen an Drittanbieter gestellt werden. Darunter viele Dienste von Google wie: doubleclick.net, googletagmanager, gstatic, fonts.gstatic usw. Das sollte man vielleicht im Hinterkopf behalten, wenn man eine .de Domain auf Substack aufschaltet, was ja geht.
WordPress als bessere Plattform für Newsletter?
Das würde ich zunächst einmal verneinen. WordPress ist in erster Linie eine Blog-Plattform. Natürlich kann man einen Newsletterdienst einbinden, das ist keine große Hürde, aber wenn man alles in WordPress realisieren will, muss man schon ein bisschen mehr Aufwand betreiben.
Möglich ist das z.B. mit The Newsletter Plugin. Das integriert eine komplette Newsletter-Umgebung in WordPress. Es wird jedoch noch ein SMTP-Provider benötigt. WordPress kann zwar Mails versenden, diese kommen aber oft nicht an oder landen im Spam-Ordner. Wenn man gerade erst mit einem Newsletter anfängt und noch wenige Abonnenten hat, reicht für den Anfang auch ein SMPT-Plugin für WordPress.
Bei mehreren Abonnenten wird jedoch ein SMTP-Provider benötigt. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Newsletter überall ankommt. Die Maildienste der Webhoster sind nicht dafür ausgelegt, Mails gleichzeitig an viele verschiedene Adressen zu verschicken. Hier setzt oft der Spamfilter an. Im schlimmsten Fall landet die Mailadresse des Newsletters dann auf einer Blacklist. Außerdem sollte man darauf achten, einen SMTP-Provider zu wählen, der seinen Sitz in Deutschland oder der EU hat. So kommt man nicht in Konflikt mit der DSGVO.
Und wie geht das mit dem Monetarisieren?
Ab diesem Punkt wird es wirklich kompliziert. Natürlich könnte man ein Abomodell in WordPress integrieren, aber das ist nicht so einfach. Außerdem braucht man noch einen Zahlungsdienstleister. Deshalb nutzen viele Steady oder Patreon. Das jetzt im Detail zu erklären, würde den Rahmen sprengen.
Versuch einer Einordnung
Wer im Internet schreibt und davon leben will, braucht Plattformen, über die er ein möglichst großes Publikum erreicht. Das erklärt meiner Meinung nach auch, warum viele die Bruchbude Twitter nicht verlassen wollen. Substack, Steady und Patreon sind willkommene Plattformen, aber sie haben auch einen Beigeschmack. Man macht sich mit seinen Inhalten von diesen Plattformen abhängig. Man kann zwar seine Newsletter-Abonnenten durch Export der Mailadressen zu einem anderen Dienst transferieren, aber nicht immer die Inhalte, die man auf dem jeweiligen Dienst veröffentlicht hat. Man verliert eventuell seine Webpräsenz. Wenn ich nur Newsletter per Mail verschicke, kein Problem. Wenn es aber eine Blog-ähnliche Oberfläche gibt, die über eine Domain erreichbar ist, schon blöd.
Natürlich kann und will nicht jeder seine eigene kleine Plattform aufbauen. Aber es wäre die verlässlichste Lösung, gerade wenn es um die Monetarisierung geht. Sich auf Dauer von Plattformen abhängig zu machen, die zunächst kostenlos nutzbar sind und auf denen man sich nur im Rahmen des Angebots bewegen kann, ist irgendwie riskant. Warum nicht eine Basis schaffen, von der alles ausgeht und die man unter Kontrolle hat – einen Hub sozusagen. Dann kann man alle Plattformen bespielen, behält aber die Hoheit über die eigenen Inhalte. Und wenn ein Zahlungsdienstleister oder eine Plattform plötzlich von sehr dubiosen Leuten übernommen wird, dann wählt man einfach einen anderen Dienst oder bespielt die Plattform nicht mehr.
Fazit
Naja, als reiner Hobbyblogger und Technikfreak habe ich es da einfach. Hier einen Newsletter zu realisieren wäre für mich kein Problem und um Geld geht es mir sowieso nicht. Von daher sollte man auch mal den Blickwinkel etwas erweitern, denn nicht jeder ist dazu in der Lage. Ich kann schon verstehen, dass Substack und Co für viele interessant ist.
Für mich ist das nichts, weil es mir als Geschäftsmodell zu riskant wäre. Außerdem habe ich schon lange die Nase von zentralisierten Netzwerken, „Walled Gardens“, voll. Das läuft immer gleich ab.
Zuerst wird man auf eine schöne grüne Wiese eingeladen. Leute treffen sich und haben Spaß zusammen. Es werden kleine Stände aufgebaut, an denen man etwas kaufen kann, man genießt die tolle Atmosphäre. Man merkt nicht, wie die schöne Wiese immer mehr eingemauert wird. Es wird immer dunkler. Und irgendwann sieht man nur noch vergilbtes Gras, sandigen Boden und tausende von Verkaufsständen. Man findet den Ausgang nicht mehr und aus dem einst schönen Ort wird ein schrecklich dunkler Ort. Aber wir merken es nicht mehr, weil wir selbst einen Verkaufsstand haben oder vergessen haben, wie schön die Wiese einmal war.