Das frage ich mich ehrlich gesagt auch, denn in den Werbekatalogen des Internets, die wir Suchmaschinen nennen, wird man kaum noch gefunden und überhaupt sind Videoinhalte viel wertvoller. Das sind die Inhalte, in denen die Protagonisten erst mal 10 Minuten erklären, worüber sie eigentlich reden wollen, um dann neben dem ohnehin allgegenwärtigen Werbeterror der Plattformen auch noch die Werbebotschaften ihrer Sponsoren präsentieren. Irgendwie muss die Luxuswohnung ja bezahlt werden.
Totgesagt
Das Bloggen wurde schon oft totgesagt, und in gewisser Weise ist daran auch etwas Wahres. Dennoch erleben alte Publikationsplattformen eine gewisse Renaissance. Newsletter sind ein gutes Beispiel dafür. Sie waren nie tot, dienten aber mehr der Verbreitung von Firmenwerbung. Heute sind Newsletter aber auch Blog-ähnliche Plattformen, wie man zum Beispiel bei Stubstack sehen kann.
Plattformunabhängigkeit war schon immer das große Mantra von Blogger*innen. Nach dem, was wir mit Twitter erlebt haben, wichtiger denn je. Trotzdem sterben die Blogs und das kann ich irgendwie verstehen. Als Blogger verbringt man fast mehr Zeit mit dem ganzen Drumherum als mit dem Publizieren. Kaum jemand will für das Niemandsland schreiben, also will man auch irgendwie gefunden werden. Ohne SEO hat man da kaum eine Chance und mit SEO eigentlich auch nicht. Auf der einen Seite gibt es die großen Firmen, die SEO-Profis beschäftigen, die die Firmenseite immer ganz oben in den Suchmaschinen platzieren. Dort findet der Suchende zwar nicht die Informationen, die er sucht, aber hey, vielleicht kauft er ja was bei uns.
Dann gibt es noch die unglaublich große Müllhalde, die für jeden Suchbegriff eine eigene Domain betreibt, aber außer Werbebannern, Copycats, Scams und Müll nichts zu bieten hat.
Und dann kommt der ambitionierte Privatblogger und versinkt im Sumpf der großen Suchmaschinen-Werbekataloge. Ganz ehrlich, da kann ich schon verstehen, dass man sich lieber ein anderes Hobby sucht.
Blogs im Wandel
Früher waren Weblogs eigentlich Notizbücher oder Tagebücher, und Blogposts waren nicht als fertige Produkte gedacht, sondern als Reflexionen aktueller Gedanken. Viele Blogs waren ein bunter Themenmix und irgendwie nahm man als Leser am Leben der Blogger*innen teil. Früher wurde unter den Beiträgen noch kommentiert und es entwickelten sich meist interessante Diskussionen ohne den endlosen Hass, den wir aus den sogenannten sozialen Medien kennen.
Irgendwann hat man gemerkt, dass man mit dem Bloggen auch Geld verdienen kann. Für mich war das auch die Zeit, in der die Blogs immer themenzentrierter wurden. Natürlich braucht man eine Zielgruppe, die sich für ein bestimmtes Thema interessiert. Wenn ich als Tech-Blogger auch Kochrezepte veröffentliche, über Gartenpflege und Urlaubserlebnisse schreibe, dann ist aus werblicher und wirtschaftlicher Sicht nicht klar, welche Zielgruppe ich eigentlich anspreche. Dann traten selbsternannte Coaches auf den Plan, die einem einredeten, man solle nur noch themenorientiert schreiben, die Wahl des Domainnamens sei entscheidend für den Erfolg, das Branding müsse stimmen, etc. Ganz nebenbei boten sie ihr vermeintliches Erfolgsrezept an, wie auch du mit dem Bloggen viel Geld verdienen kannst.
So wurden aus meiner Sicht private Weblogs immer mehr zu Werbeflächen, die ihren Charme verloren und irgendwann auch ihre Leser.
Der Drops ist gelutscht
Diese Leser sind längst auf andere Plattformen ausgewichen. Der Erfolg von Instagram, TikTok, Snapchat und Co. ist kein Zufall. Dort findet man genau die privaten Inhalte, die früher die Blogs ausmachten. Das wirklich Schlimme daran ist, dass man dort kaum noch zwischen privat und bezahlt unterscheiden kann. Außerdem sind diese Plattformen unglaubliche Datenkraken, die auf den Schutz ihrer Nutzer pfeifen, um sich bis zum Erbrechen zu bereichern. Aber das ist ein anderes Thema.
Aus dieser Nummer kommen wir nicht mehr raus und ich glaube, der Drops ist gelutscht. Social Media und Co. sind nicht ganz unschuldig daran, dass die Aufmerksamkeitsspanne immer kürzer wird. Teilweise werden Artikel geteilt, von denen man nur die Überschrift gelesen hat. Es gibt viele Studien darüber, wie lang ein Artikel, ein Beitrag oder eine Podcastfolge sein darf, damit der Inhalt auch konsumiert wird. Da sind 10 Minuten Aufmerksamkeit schon viel.
Und dann kommt man als privater Blogger, der Spaß am Schreiben hat. Vor diesem Hintergrund würde ich sagen: “Ja, private Weblogs sind tot“. Aber, und damit komme ich wieder an den Anfang meines Beitrags zurück, Weblogs waren Notizbücher oder Tagebücher und Blogposts waren nicht als fertige Produkte gedacht, sondern als Reflexionen aktueller Gedanken.
Weitermachen
Es spricht nichts dagegen, genau das fortzusetzen oder wieder aufzunehmen. Bloggen kann viel Spaß machen, wenn man sich nicht von der Geldmaschinerie getrieben fühlt. Und wenn nur einer auf deinen Beitrag stößt, ist das auch in Ordnung. Hättest du den Beitrag analog auf einen Zettel geschrieben, hätte ihn niemand gesehen.
Meiner Meinung nach spielen private Weblogs zwar keine große Rolle mehr, aber sie sind noch lange nicht tot.